Schon mal etwas von der Plasmonen-Resonanz gehört? Von der Abkürzung „H-NMR“, von der Massenspektroskopie oder von der ionischen Polymerisation? Theo Berger und Amin El Sayed haben diese Begriffe nicht nur schon einmal gehört: Die beiden Schüler wissen auch genau, was sie bedeuten, welche Modelle und Methoden sich hinter ihnen verbergen. Beide besuchen die Oberstufe des Königsbacher Lise-Meitner-Gymnasiums, beide nehmen aktuell äußerst erfolgreich an der internationalen Physik-Olympiade teil, Theo zusätzlich an der internationalen Chemie-Olympiade. Es handelt sich um zwei Wettbewerbe, die von den Schülern viel abverlangen, die inhaltlich weit über den Unterrichtsstoff hinausgehen. „Das Niveau ist wirklich sehr hoch“, sagt Chemie-Lehrer Fabian Kreutel, der sowohl Amin als auch Theo unterrichtet. Er weiß, wie anspruchsvoll und zeitaufwendig eine Teilnahme an den beiden weltweit ausgetragenen Wettbewerben ist – und wie hoch die Anforderungen sind. In der ersten Runde mussten die Schüler eine ganze Reihe von Aufgaben lösen: zu Hause, in ihrer Freizeit. Sechs Monate hatten sie dafür Zeit.
Bei der Physik-Olympiade ging es unter anderem um Elektrizitätslehre und Akustik, um das Ermitteln von Schallgeschwindigkeit durch das Pusten in eine Flasche und um die Geschwindigkeit, mit der sich ein Rotor in der Mars-Atmosphäre drehen würde. Bei der Chemie-Olympiade musste Theo anhand vorgegebener Daten die Bindungslänge zwischen Sauerstoff und Deuterium untersuchen, ein ausgedachtes Molekül analysieren und in einem Modell beschreiben, wie man es nachbauen könnte. „Dieses Jahr war es sehr viel abstrakter als letztes Jahr“, sagt Theo, der vor allem in den Sommerferien recherchiert hat. Die Physik-Olympiade sei im Vergleich „etwas handfester“ gewesen, sagt Amin, der die meisten Aufgaben schon beim ersten Durchlesen so interessant fand, dass er sie unbedingt lösen wollte. Die erste Runde haben die Schüler mit Bravour bestanden: In der Physik-Olympiade erreichten beide 37 von 40 möglichen Punkten, in der Chemie-Olympiade schaffte Theo 178,5 von 193. Damit qualifizierten sie sich für die zweite Runde, die im Spätjahr über die Bühne ging – und zwar in Form einer dreistündigen Klausur auf Universitäts-Niveau. In Physik umfasste sie rund ein Dutzend, in Chemie mehr als 20 Seiten. „Da waren sehr viele Inhalte dabei, die in der Schule nicht vorkommen“, erklärt Amin.
In der Physik ging es um Thermodynamik, aber auch um Optik, Mechanik und Elektrodynamik. In Chemie musste Theo sich unter anderem mit Kunststoffen, mit Copolymerisation und Säure-Base-Chemie befassen. Die zur Verfügung stehende Zeit sei in beiden Klausuren „echt knapp“ gewesen, sagt Theo: „Wir haben nicht alle Aufgaben geschafft.“ Was allerdings nicht schlimm ist, denn die überaus anspruchsvollen Klausuren werden bewusst so konzipiert, dass es so gut wie unmöglich ist, in der vorgegebenen Zeit zum Ende zu kommen. Wie sie abschneiden werden, können Theo und Amin nur mutmaßen. Wobei Amin betont, dass er mit dem Erreichen der zweiten Runde schon sehr zufrieden sei. „Alles, was jetzt noch kommt, ist Bonus.“ Für die Physik-Olympiade sieht Theo das genauso. Bei der Chemie-Olympiade dagegen will er unbedingt weiterkommen. Voriges Jahr hatte er schon einmal daran teilgenommen und es bundesweit unter die 200 Besten geschafft. Dennoch schied er in der zweiten Runde aus. „Das hat mich schon ein bisschen frustriert.“ Deswegen hat der Schüler dieses Jahr seine Anstrengungen noch einmal intensiviert und deutlich mehr Zeit in die Vorbereitung investiert: insgesamt rund 100 Stunden. „Ich denke, dass es besser gelaufen ist“, sagt Theo, der das auch darauf zurückführt, dass er dieses Mal 90 Prozent der Aufgaben geschafft hat.
Inzwischen weiß Theo, dass er zu den Landesbesten in Baden-Württemberg zählt und deshalb Ende Januar zu einem zweitägigen Landesseminar nach Stuttgart eingeladen wird. Am Königsbacher Gymnasium gehören er und Amin in allen Fächern zu den besten Schülern ihres Jahrgangs. Beide haben schon oft an Wettbewerben teilgenommen, beide absolvieren einen Vertiefungskurs in Mathematik, der eine Brücke zwischen der Oberstufe und dem naturwissenschaftlichen Studium bilden soll. Eine entsprechende Zertifikatsklausur haben sie vor kurzem bestanden. Im Sommer werden beide ihr Abitur ablegen. Theo will danach Astrophysik, Amin Physik studieren. Hochschul-Luft hat Amin schon öfter geschnuppert. Etwa durch die Teilnahme am Hector-Seminar oder bei einem Projekt des KIT und der RWTH Aachen in Belgien, bei dem es um das mathematische Modellieren von Problemen aus der Wirtschaft ging. – Nico Roller